Für mehr Energieeffizienz in der Lebensmittelbranche

Silofassaden könnten für Photovoltaik genutzt werden
Silofassaden könnten für Photovoltaik genutzt werden © deyanarobova/Getty Images via Canva pro
Ladestationen beim Kunden erleichtern Lieferanten die Elektrifizierung ihrer Lkw-Flotte
Ladestationen beim Kunden erleichtern Lieferanten die Elektrifizierung ihrer Lkw-Flotte © Scharfsinn86 via Canva pro
Der langjährige Energieauditor Josef Buchinger koordiniert das Projekt EENOVA
Der langjährige Energieauditor Josef Buchinger koordiniert das Projekt EENOVA © ConPlusUltra
Logo EENOVA – Energy Efficiency in regioNal fOod processing Value chAins

17.06.2024

Die Lebensmittelindustrie spielt in puncto Energieeinsatz zwar in einer anderen Liga als die Stahlindustrie, sie zählt aber dennoch zu den energieintensiven Branchen. In Energieaudits bei drei Betrieben der Lebensmittelbranche hat Josef Buchinger vom Beratungsunternehmen ConPlusUltra nun Stellschrauben identifiziert, wie der Energieeinsatz in einem ersten Schritt optimiert werden kann.

Der Lebensmittel-Cluster (LC) beteiligt sich am EU-Projekt „EENOVA“, um die energieintensive Backwarenbranche unter die Lupe zu nehmen und daraus Empfehlungen für oberösterreichische Betriebe abzuleiten. „EENOVA“ steht für Energy Efficiency in regioNal fOod processing Value chAins und soll Unternehmen in der Lebensmittelsparte zu mehr Nachhaltigkeit verhelfen. Konkret sollen die Energieeffizienz verbessert, erneuerbare Energiequellen stärker genutzt und so der CO2-Fußabdruck verringert werden. Letztendlich verbessert dies nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelbranche, sondern wirkt auch aktiv dem Klimawandel entgegen.


Energieaudit nach dem Energieeffizienzgesetz

Das neue Energieeffizienzgesetz verpflichtet seit Jahresbeginn Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeiter:innen bzw. wenn bestimmte wirtschaftliche Kennzahlen überschritten werden, alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen zu lassen.

„Diese Analyse des Energieverbrauchs, bei der Effizienzpotenziale identifiziert und Maßnahmen entwickelt und bewertet werden, ist auch für andere Unternehmen empfehlenswert“, ist Cluster-Managerin Heidrun Hochreiter überzeugt.

Quick wins im Fokus

In einem ersten Schritt wurden deshalb bei drei LC-Partnerbetrieben Energieaudits durchgeführt.

„Wir wollten damit besonders wirkungsvolle Maßnahmen identifizieren, die sich relativ einfach auf viele unserer Partnerunternehmen umlegen lassen“, sagen Michael Wiesinger und Luise Dauwa vom Lebensmittel-Cluster, die die Audits mit dem Energieexperten Josef Buchinger bei den Firmen begleitet haben.

Buchinger ist langjähriger Energieauditor beim Beratungsunternehmen ConPlusUltra und koordiniert auch das Projekt „EENOVA“.

„Wir haben gezielt die Bereiche Kühlung und Wärmerückgewinnung, effiziente Regeltechnik für Antriebe, erneuerbare Energien, Energiemanagement sowie Optimierungen in der Lieferkette, beispielsweise beim Transport von Mehl, betrachtet“,

erzählt Buchinger und ergänzt:

„Selbst wenn auditierte Firmen durchaus Vorreiter in der Produktions- und Energietechnologie sind, findet man bei einer Begehung und im persönlichen Gespräch stets noch Potenziale für Wartungs- oder Prozessoptimierungen und kann Bedenken wegen möglicher große Investitionen aus dem Weg räumen.“

Transport elektrifizieren

Die Elektrifizierung des Transports ist eine große Herausforderung. Beim Mehl beispielsweise übernimmt der Lkw derzeit nicht nur die horizontale Beförderung auf der Straße, sondern muss auch viel Energie beim vertikalen Transport in die Silos aufwenden. Hebeanlagen oder Ladesäulen bei den Kunden erleichtern Lieferanten die Elektrifizierung ihrer Lkw-Flotte.

„Hier müssen wir mit neuen Projektideen ansetzen, die Kooperationswillen in der Lieferkette erfordern“, ist Wiesinger überzeugt, „nur so wird die Elektrifizierung gelingen.“

Abwärme nutzen

Während Abwärme mit höheren Temperaturen (z. B. aus Druckluft) meist schon eingesetzt wird, beispielsweise für Warmwasseraufbereitung, bleibt Abwärme mit geringeren Temperaturen oft ungenutzt. Solche Abwärme, beispielsweise aus großen Kälte- oder Förderanlagen, eignet sich in Kombination mit Pufferspeichern und/oder Wärmepumpen optimal, um fossile Gebäudeheizungen zu ersetzen. In der Lebensmittelbranche wird für die notwendige intensive Reinigung der Produktionsanlagen viel Heißwasser benötigt. Hier besteht noch viel Potenzial, wenn dies kaskadisch genutzt wird.


Energiemonitoring

Ein gutes Energiedatenmanagement erleichtert die Auswertung von Kennzahlen für verschiedene Berichtspflichten wie CSRD, EEffG, Controlling oder Managementsysteme. Nicht nur die organisatorische Effizienz lässt sich verbessern, auch Optimierungen bei Wartung, Steuerung und Regelung sowie menschlichen Faktoren lassen sich so erkennen, auswerten und beurteilen. Somit bilden die daraus gewonnenen Daten und Fakten die Grundlage für weitere Investitionsentscheidungen für mehr Produktionssicherheit, Energieeffizienz und Komfort.


Sonne und Wasser verstärkt nutzen

Viele Betriebe haben bereits Photovoltaik auf den Dächern installiert.

„Aber es sind noch etliche freie Flächen vorhanden“, meint Buchinger.

Auch Silofassaden und Freiflächen direkt neben den Betrieben bieten sich an und sollten genutzt werden. Wasserkraft spielt bei den Mühlen traditionell eine große Rolle.

„Hier ist immer noch sehr langfristiges Denken erforderlich, um neben naturschutztechnischen Maßnahmen die Effizienz und Ausbeute wirtschaftlich zu erhöhen“, sagt der Auditor.

Preisschwankungen des Energiemarktes nutzen

Produziert wird meist in drei oder vier Schichten bzw. in autonomen Betriebsweisen. Je nach Linie, Produkt, Wochentag oder Saison schwankt die Auslastung. Eine Herausforderung, der sich die Industrie noch stellen müsse, ist die Anpassung der Produktion an die großen täglichen Strompreisschwankungen. Wie können wir Betriebszeiten optimieren? Welche Freiheitsgrade haben wir, um einen effizienten und zugleich höchstwirtschaftlichen Betrieb zu erreichen? Mit diesen komplexen Aufgaben würden sich Unternehmen beschäftigen müssen, ist Buchinger überzeugt.

>> Mehr zum EU-Projekt „EENOVA“
 

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