Frühwarnsysteme, Blockchains und Standards: Diese Maßnahmen sollen unsere Lebensmittel sicherer machen

qualityaustria Lebensmittelforum

Sujet Quality Austria Lebensmittelforum 2021, eine Banane hält eine Karotte im Arm
Quality Austria Lebensmittelforum 2021 © Quality Austria
Wolfgang Leger-Hillebrand, Branchenmanager Lebensmittelsicherheit, Quality Austria
Wolfgang Leger-Hillebrand, Branchenmanager Lebensmittelsicherheit, Quality Austria © Quality Austria
Ulrich Busch, Leiter des Landesinstitutes für Lebensmittel, Lebensmittelhygiene und Kosmetische Mittel am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Ulrich Busch, Leiter des Landesinstitutes für Lebensmittel, Lebensmittelhygiene und Kosmetische Mittel am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit © LGL
Portrait Marcus Hennig, Senior Manager, d-fine GmbH
Marcus Hennig, Senior Manager, d-fine GmbH © Julia Imhoff

22.10.2021

Experten aus dem In- und Ausland präsentierten beim 12. qualityaustria Lebensmittelforum Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Lebensmittelsicherheit. Besondere Beachtung fanden ein Frühwarnsystem gegen Lebensmittelbetrug aus Bayern, Blockchain-Anwendungen für mehr Transparenz in der Lieferkette sowie der Umstand, dass die Überprüfung der Lebensmittelsicherheits-Kultur neuerdings bei der Auditierung von Produktionsbetrieben verpflichtend ist.

„Die Etablierung von Eigenmarken im Handel hat zur Schaffung von privaten Standards geführt und damit in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit in Österreich geleistet“, ist Wolfgang Leger-Hillebrand, Branchenmanager für Lebensmittelsicherheit bei der Quality Austria, überzeugt. Weil auf diesen Produkten das eigene Logo prangt, wurden zur bestmöglichen Sicherstellung von Qualität und Lebensmittelsicherheit und damit zum Schutz der Reputation der Supermarktbetreiber sukzessive strengere Standards von den Produzenten verlangt, als gesetzlich vorgeschrieben sei. Als Erzeuger fungieren in der Regel Markenartikelhersteller, die etablierte Standards wie etwa IFS, FSSC 22000 und BRCGS längst erfolgreich auch für die Erzeugung der eigenen Labels nutzen. Je nach Handelsunternehmen und Produktkategorie werden bestimmte Zertifizierungen von den Lieferanten mittlerweile verpflichtend eingefordert.

Neuerungen aus der Welt der Normen und Standards

Leger-Hillebrand präsentierte bei der Online-Veranstaltung unter dem Motto „Agilität und Integrität in Zeiten großer Veränderung“ die aktuellen Neuerungen aus der Welt der Normen und Standards. Aufgrund einer Ergänzung in der Hygieneverordnung muss beispielsweise bei der Auditierung von Produktionsbetrieben neuerdings auch die Lebensmittelsicherheits-Kultur überprüft werden. „Diese Neuerung soll unter anderem dazu führen, dass die Mitarbeiter stärker eingebunden und sensibilisiert werden sowie in weiterer Folge auch bei der Konzernführung Gehör finden“, erläutert der Experte. Diese Anforderung fand zusätzlich auch Eingang in alle GFSI-anerkannten Lebensmittelstandards. Ebenfalls interessant: Standardeigner IFS besteht auch in Pandemie-Zeiten zur Sicherstellung der Integrität darauf, dass die Assessments vor Ort und nicht vollständig remote stattfinden.

Frühwarnsystem in Bayern analysiert Importströme

„Lebensmittelverfälschungen stellen für die Überwachungsbehörden eine große Herausforderung dar“, berichtete Ulrich Busch, Leiter des Landesinstitutes für Lebensmittel, Lebensmittelhygiene und Kosmetische Mittel am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Zu den unterschiedlichen Betrugsarten gehören nicht nur Fälschungen, sondern auch Verfälschungen, Substitution und Manipulation. Fische, Olivenöl und Bio-Lebensmittel zählen aktuell zu den Produkten mit dem höchsten Betrugsrisiko. Einer der Gründe dafür ist, dass die Herstellungsketten immer komplexer und die Vertriebswege immer undurchsichtiger werden. Am LGL wurde daher ein Frühwarnsystem etabliert, das frühzeitig aufkommende Gesundheitsrisiken und Betrugspotentiale entdecken soll. Beispielsweise wurde gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität in München eine Analysemethode entwickelt, mit der sich Lebensmittel-Importströme automatisiert auf Unregelmäßigkeiten untersuchen lassen. Dabei werden Veränderungen bei Preisen und Mengen der Lebensmittelimporte erfasst und zum jeweiligen Herkunftsland in Bezug gesetzt. Liegt beispielsweise die tatsächliche über der erwarteten Preisentwicklung, kann dies ein Anzeichen für Lebensmittelbetrug sein.

Blockchain ermöglicht eine einfachere Produktrückverfolgbarkeit

„Eine Herausforderung in der Lebensmittelindustrie ist die Rückverfolgbarkeit, um beispielsweise im Falle von kontaminierten Produkten die Verursacher schnell einzugrenzen“, erklärte Marcus Hennig, Senior Manager beim Beratungsunternehmen d-fine. In diesem Bereich kann die Blockchain-Technologie ihre Stärken ausspielen und als Grundlage für ein System dienen, in dem alle relevanten Transaktionen und Daten entlang der Lebensmittel-Supply Chain fälschungssicher gespeichert und den verschiedenen Akteuren zugänglich gemacht werden. Dadurch steigt nicht nur die Sicherheit von Lebensmitteln, sondern auch die Transparenz und damit einhergehend das Vertrauen der Konsumenten. In weiterer Folge können Preisaufschläge einfacher durchgesetzt und Marken langfristig gestärkt werden.

Experte fordert eine De-Globalisierung der Lieferketten

"Der Blick auf die Megatrends zeigt, dass wir einen disruptiven Wandel bei Ernährung und Landwirtschaft brauchen, um den Anforderungen der Pariser Klimavereinbarung zu entsprechen“, plädierte Eike Wenzel, Gründer und Leiter des Instituts für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ GmbH). Wenzel forderte unter anderem eine De-Globalisierung der Lieferketten für mehr Versorgungssicherheit sowie die Förderung von mittelständischen Strukturen und Regionalität, weil es die Wertschöpfung vor Ort unterstützt. Zudem würden die Nahrungsmittel auch besser schmecken.

Auswirkung auf den Planeten in der GuV künftig mitberücksichtigen

Umdenken forderte auch ein anderer Experte: „Es ist Zeit für ein neues Wirtschaftsmodell, bei dem die Auswirkungen der Produktion auf die Menschen und den Planeten zukünftig in der Gewinn- und Verlustrechnung mitberechnet werden“, so die Forderung von Volkert Engelsman, Geschäftsführer von Eosta BV, einem international tätigen Großhandelsunternehmen für Bio-Obst und -Gemüse mit Sitz in den Niederlanden. Nur so könne die Wirtschaft nachhaltig werden. Die Ankündigung der Europäischen Union, dass sie bis zum Jahr 2030 den Anteil des ökologischen Landbaus auf 25 Prozent ausweiten möchte, markiere dafür den Startpunkt.

www.qualityaustria.com 


zur Übersicht