20.05.2021
Wird die Corona-Pandemie unser Leben dauerhaft verändern? Und wenn ja, welche Bereiche? Derartige Fragen werden aktuell häufig gestellt, sichere Antworten gibt es nur wenige. Im Bereich der Lebensmittelversorgung hat Corona hingegen bereits eindeutige Folgen nach sich gezogen. Vermarktungswege abseits des klassischen Lebensmitteleinzelhandels blühen auf.
„Die im Lockdown notwendigen Einschränkungen des Bewegungsspielraumes haben in der Lebensmittelversorgung den anhaltenden Trend zur Regionalität noch einmal deutlich befeuert. Ob Food-Coops, Hofläden, Wochenmärkte oder Selbstbedienungsläden – die Menschen möchten Lebensmittel aus ihrer nächsten Umgebung beziehen und die Produzentinnen und Produzenten kennen lernen. Für die Landwirtschaft ist das ein sehr erfreulicher Trend, stärkt er doch die Einkommensmöglichkeiten auf den Betrieben. Vor allem kommen die Konsumentinnen und Konsumenten aber wieder direkt mit den Bäuerinnen und Bauern in Kontakt und erleben die moderne Landwirtschaft hautnah. Die damit einhergehende Wertschätzung für das resultierende Produkt ist ein wichtiger Baustein für eine weiterhin erfolgreiche Landwirtschaft in Oberösterreich“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Die umfassende Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region scheitert in der Praxis oft an Fragen der Logistik und Informationsbereitstellung. Wann hat welcher Hofladen offen, welche Produkte kann man dort kaufen und wie komme ich dorthin? Bei diesen Fragen kann die Digitalisierung helfen. „Digitale Anwendungen machen die Lebensmittelversorgung aus der Region immer komfortabler. Landwirtschaftliche Betriebe vernetzen sich digital, bespielen neue Vertriebswege und erleichtern den Konsumentinnen und Konsumenten ihren regionalen Einkauf. Hinzu kommt: Neue Start Ups erarbeiten innovative Lösungen in diesem Bereich, motiviert durch den Leitgedanken der Nachhaltigkeit. Sie liefern Lösungen für die Nachteile der klassischen Lebensmittelwertschöpfungskette wie Lebensmittelverschwendung, lange Transportwege und mangelnde Transparenz“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist?“ haben sich Benjamin Hammerschmid (19) aus Puchenau und Julian Priglinger (20) aus Niederwaldkirchen gedacht. Mit ihrem Onlineshop „Moizeit“ wollen sie das Bewusstsein für regionale Lebensmittel schärfen. „Wir bieten all jene eine Anlaufstelle, die zwar regional einkaufen wollen, aber keine Zeit haben oder keinen nahegelegen Hofladen kennen“, so Priglinger, der im 5. Semester Rechtswissenschaften studiert. Hammerschmid, welcher derzeit seinen Zivildienst absolviert, erklärt den Onlineshop so: “Einfach anmelden, gewünschte Produkte auswählen und schon steht unser Lieferant vor deiner Haustür.“ Derzeit liefern sie nur zwischen Altenfelden und Linz mit Umgebung. Die beiden jungen Mühlviertler wollen bewusst auf Postversand verzichten, da dies nicht in das regionale Konzept passe und unnötig viel Verpackungsmüll produziere. In den ersten Monaten hat sich gezeigt, dass die Nachfrage an regionalen Lebensmitteln besonders in der Stadt sehr hoch ist. Die Startupper haben diesen Trend aufgegriffen und auf der Landstraße einen Automaten aufgestellt, der zu jeder Tages und Nachtzeit zugänglich ist. Durch die Digitalisierung sehen die Beiden deutliche Vorteile für Produzent/innen und Konsument/innen. „Aufgrund der online Verfügbarkeit, haben Bauern und Direktvermarkter eine viel größere Reichweite als nur mit stationärem Handel. Auf die Landwirtschaft ist immer Verlass, daher sollten wir ihnen als Gesellschaft die Anerkennung entgegenbringen, die sie verdienen“, Priglinger und Hammerschmid.
Mit der Dorfladenbox haben der Landwirt Johannes Fischerleitner (31) aus Schleißheim und der Software Entwickler Thomas Fellinger (36) aus Weißkirchen an der Traun einen physischen Verkaufsraum für die Vermarktung von regionalen Produkten entwickelt. Ihr Ziel war es, den Verkauf so einfach als möglich zu halten. Deshalb reicht für die Kund/innen eine Registrierung in der dazugehörigen App, um jederzeit Zugriff auf das saisonale Sortiment zu haben. „Der Kunde möchte das regionale Sortiment so bequem wie möglich einkaufen. Im Gegenzug dazu bieten wir den produzierenden Betrieben eine bequeme technologische Komplettlösung an“, so Fellinger. Durch die Automatisierung der Verwaltungsprozesse und die bargeldlose Zahlungsabwicklung ermöglichen sie einen sorgenfreien und zeitgemäßen Betrieb der Dorfladenbox. Besonders wichtig ist für sie der respektvolle Umgang, sowohl mit Konsument/innen als auch Produzent/innen. „Durch die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit unseren Betreibern und Lieferanten sind eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und Investitionen in ökologische Maßnahmen wieder möglich“, weiß Fischerleitner. „Die Pandemie hat den Leuten die Bedeutung der kleinstrukturierten Betriebe wieder bewusster gemacht. Jedoch benötigt es innovativer Absatzmöglichkeiten, um die Wertschöpfung in der Region zu halten und kurze Lieferwege, um die Umwelt zu schonen. Dies alles deckt die Dorfladenbox ab“, betonen die Jungunternehmer.
Afreshed – das sind vier junge Studenten, welche davon überzeugt sind, dass jeder einzelne etwas bewirken kann. Ganz unter dem Motto „reduce Foodwaste“ wollen sich Simon Scheutz, Maximilian Welzenbach, Lukas Forsthuber und Bernhard Bocksrucker mit ihrem Start Up dem Problem der Lebensmittelverschwendung stellen. „Ein Drittel der produzierten Lebensmittel landen im Müll. Die Lebensmittelverschwendung zählt daher zu einer der größten Klimasünden unserer Erde. Täglich wird in Wien so viel Brot weggeworfen, dass man damit ganz Graz ernähren könnte“, sagt Maximilian Walzenbacher, welcher für den Bereich Marketing zuständig ist. Afreshed wirkt dem ganzen entgegen, indem sie Lebensmittel, welche makellos sind, aber aufgrund von kleinen Schönheitsfehlern nicht an den Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden können, wieder upcyceln. Verkauft werden die frischen und saisonalen Bio-Lebensmittel in Form einer Retterbox. Die Retterbox ist eine „Abobox“ und kommt alle zwei Wochen. Dadurch konnte das junge Start Up in wenigen Wochen bereits 20 Tonnen feinste Lebensmittel vor der Verschwendung bewahren. Wie wichtig ihnen die Umwelt und die CO2 Neutraltität sind bekräftigen sie in dem sie pro Lieferung einen Baum pflanzen. Somit kann die Konsumentin und der Konsument mit einem Abo bereits jährlich bis zu 24 Bäume pflanzen und über 120 KG Lebensmittel retten.